Raechele Lovell ist eine leidenschaftliche Artivistin aus dem sogenannten Haldimand-Trakt, der, was koloniale Begriffe angeht, als Kitchener (Ontario, Kanada) bekannt ist. Ihre künstlerische Reise begann als Kind auf Tour mit dem polyrhythmischen Tanz und der Musik ihres karibischen Erbes, was eine lebenslange Suche nach kreativem Ausdruck entfachte. Als bi-racial Künstlerin mit afro-karibischer und deutscher mennonitischer Herkunft navigiert Raechele an den komplizierten Schnittstellen von Identität, Kultur und Kunst. Diese Vielfältige Mischung prägt ihre Arbeit, sie verbindet das Erbe ihrer Vorfahr:innen mit zeitgenössischen Erzählungen und vertritt als afro-diasporische Künstlerin auf Turtle Island eine einzigartige Perspektive.

Raecheles Arbeit ist tief in ihrer dekolonialen Praxis verankert. Ihr kreativer Rahmen orientiert sich an der Anitafrika-Methode, die unter der Mentorschaft von d’bi.Young anitafrika im Ubuntu Decolonial Arts Centre gefördert wird. Diese Praxis stellt koloniale Normen in Frage und feiert die reichen Traditionen des Afrodiasporischen Erzählens. Raechele glaubt an die transformative Kraft der Künste als ein Mittel für Heilung, Verständnis und soziale Gerechtigkeit und treibt ihr Engagement für die Schaffung von Räumen voran, in denen marginalisierte Stimmen verstärkt werden und Geschichten von Widerstandskraft und Widerstand in den Vordergrund rücken.

Als Gründerin und Executive Artistic Director von DiverseWorks Dance Co. sieht Raechele eine Zukunft vor, in der die afrozentrische Kunst gedeiht. Ihr neuestes Projekt, „Uncovering Roots“, befasst sich mit den historischen und zeitgenössischen Narrationen der Deindustrialisierung und erforscht persönliche und kollektive Widerstandsfähigkeit durch Bewegung. Durch ihre einzigartige künstlerische Stimme und Vision möchte Raechele Veränderungen inspirieren und fördern und das Publikum auf eine Reise der Entdeckung und Heilung einladen. Ihre Arbeit ist ein Zeugnis der dauerhaften Kraft der Kunst, denn sie vermag es zu verbinden, zu verwandeln und zu befreien.

Forschungserklärung:

„Uncovering Roots. Investigating ties to ancestral deindustrialization through artistic practice.“

Im November 2023 reiste ich zum zweiten Mal in meinem Leben nach Barbados, um den 100. Geburtstag meiner Großmutter väterlicherseits zu feiern. Ich nutzte diese Gelegenheit, um meine familiäre Abstammungslinie zu erforschen. Dabei entdeckte ich die Arbeit meines Großonkels Israel Lovell – er war ein prominenter panafrikanistischer Aktivist – , und die Abstammunglinie unserer Familie, die bis zur Sklaverei auf der Drax Hall Plantation zurückgeht. Ich möchte nach Barbados zurückzukehren, um tiefer in mündliche Überlieferungen einzutauchen und meinen Körper auf der Drax Hall Plantation zu bewegen, um mich mit den Geistern meiner Vorfahr:innen und den unerzählten Geschichten, die in ihnen innewohnen, zu verbinden. Meine Untersuchung wird auch miteinbeziehen, dass ich als bi-racial Siedlerin in Kanada lebe. Mein Vater ist für ein „besseres Leben“ hierher gezogen, nachdem die Grenzen in den 1960er Jahren für Länder-Of-Color geöffnet wurden. Mütterlicherseits stamme ich von drei Generationen deutscher mennonitischer Siedler:innen, die Anfang des 20. Jahrhunderts nach Berlin, Ontario – wie die Stadt damals hieß (heute Kitchener) – zogen. Mein ganzes Leben lang war ich mit Marginalisierung konfrontiert und fühlte, dass ich keinen Platz in dieser Gesellschaft habe. Was Wohnraum, Ernährung, Zugang zu Bildung etc. angeht, sah ich mich mit verschiedensten Problem konfrontiert, die aus strukturellem und institutionellem Rassismus hervorgehen. Mein Ziel ist es, meine Position in der kanadischen Kulturlandschaft als bi-racial Künstlerin und Siedlerin zu erforschen und zu untersuchen, wie diese Erfahrungen sich mit der Deindustrialisierung im Britischen Commonwealth kreuzen.