David Nettleingham ist Senior-Dozent für Soziologie an der Universität von Kent, VK. Im Rahmen seiner Forschungsarbeiten beschäftigt er sich mit der Politik der Erinnerung und der Narrative wie auch mit den unterschiedlichen Formen der Wahrnehmung von Klasse, Generation und Community. Zusätzlich gehören auch die Oral-History-Methoden zu seinen Forschungsinteressen. In seinen Arbeiten untersucht er die Geschichte der Deindustrialisierung und geht der Frage nach, wie Industriekultur in Gebieten hergestellt wird, in denen die Geschichte der industriellen Großproduktion mit anderen, oft besser bekannten Narrativen und Ortsidentitäten konkurriert.


Forschungserklärung

Beyond the Heartlands: Deindustrialization, Industrial Heritage and Narrative Enclosure

Das langfristig angelegte Forschungsprojekt „Beyond the Heartlands“ untersucht, wie die Deindustrialisierung in denjenigen Gegenden erlebt wird, die außerhalb der sogenannten traditionellen „Industriezentren“ des Vereinigten Königreichs liegen. Mich interessiert wie die Deindustrialisierung zu einem Prozess wird der Altes umstrukturiert und ein neues Narrativ etabliert – sowohl was Landschaften, Communitys und historische Hinterlassenschaften angeht – und zwar in verschiedenen Gebieten und in immer größerer Entfernung von den tatsächlichen Fabrikschließungen. Dabei stütze ich mich auf Fälle, in denen diese zeitliche, örtliche und diskursive Verlagerung dazu geführt hat, dass es immer schwerer wurde Narrative über das industrielle Leben, die Industriearbeit und das Industriekulturerbe zu etablieren. Gegenden die als industrielle Kernregionen galten und in den 1980er Jahren viele Kämpfe gegen die massenhaften Fabrikschließungen erlebten, entwickelten ein politisches Kapital in Form einer kollektiven Identität, die in Gebieten, ohne ebenjene Erfahrungen, gänzlich fehlt. Zudem erforsche ich auch die komplexen Beziehungen und Ausprägungen der industriellen Arbeit und des Industriekulturerbes in städtischen, ländlichen oder Küstengebieten. Ich untersuche, wie industrielle Identitäten, das Industriekulturerbe und das kollektive Gedächtnis einer Ortschaft einerseits narrativisiert und naturalisiert werden können (in ländlichen Gebieten oft im wahrsten Sinne des Wortes) und andererseits auch, je nach Bedarf, selektiv umgestaltet werden können. In diesem Prozess kann sich selbst die Bedeutung des Begriffs „industriell“ verändern.