Wen Xie ist Assistenzprofessorin für Soziologie an der Peking-Universität. Sie erwarb 2021 ihren Doktortitel in Soziologie an der Universität von Chicago. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Soziologie der Transformationen, Generationenforschung und sozialer Wandel, historische Soziologie und vergleichende Stadtforschung. In ihrer Dissertation The Making of the Chinese Rust Belt: Generation and Social Change in Northeast China, 1950s-2010s verwendet sie einen generationenbezogenen Ansatz zur Untersuchung der Marktunterentwicklung im ehemaligen sozialistischen Industriezentrum Nordostchinas. Ihre Arbeit wurde mit dem Philip A. Kuhn-Dissertationspreis für Chinesische Studien der Universität von Chicago ausgezeichnet und erhielt eine ehrenvolle Erwähnung beim Reinhard Bendix-Preis für studentische Arbeiten der Abteilung für vergleichende historische Soziologie der American Sociological Association. Nach Abschluss ihrer Dissertation hat Dr. Xie ihre Forschung in zwei Richtungen weiterentwickelt. Die erste befasst sich mit den soziologischen Grundlagen von Regionen, die vom industriellen Niedergang betroffen sind, wobei der Schwerpunkt auf der Theoriebildung liegt, also auf der Frage, wie sich die Theorien von der Vergangenheit bis zur Gegenwart entwickelt haben. Um ihre Analyse zu vertiefen, hat sie weitere vergleichende Studien durchgeführt, sowohl international als auch innerhalb Chinas. Die zweite Forschungsrichtung zielt darauf ab, eine generationsübergreifende Perspektive für das Verständnis des sozialen Wandels in den Sozialwissenschaften zu entwickeln.
Forschungserklärung: Industrial Echoes: Transition Pathways and the Political Legacy of Deindustrialization in the American Rust Belt and Northeast China.
Das Wiederaufleben des Populismus im globalen Norden ist insbesondere mit den Erfahrungen der weißen Arbeiter:innenklasse in Regionen verbunden, die vom industriellen Niedergang betroffen sind. Die Politik des Ressentiments und Raymond Williams‘ Konzept der „Struktur der Gefühle“ bieten zwar aufschlussreiche Erklärungen für diesen Trend, können aber die Komplexität der daraus resultierenden politischen Veränderungen möglicherweise nicht vollständig erfassen. Mein Forschungsprojekt unternimmt eine vergleichende Analyse der politischen Nachwirkungen der Deindustrialisierung im amerikanischen Rust Belt und im Nordosten Chinas. Beides sind Regionen, die in Zeiten des neoliberalen Wandels von erheblichen Fabrikschließungen betroffen waren. Ich habe dieses Vorgehen ausgewählt, um den Analyserahmen der „Struktur der Gefühle“ als Instrument für die umfassende Untersuchung der politischen Auswirkungen der Deindustrialisierung in Frage zu stellen. Meine Forschung erfordert eine detaillierte Untersuchung der „Transformationsprozesse“, die das politische Erbe beeinflussen. Zugleich unterstreicht sie, wie wichtig es ist, die Position deindustrialisierter Gebiete innerhalb des globalen Systems, die ideologische Landschaft der jeweiligen Länder und die institutionellen Reaktionen auf den industriellen Niedergang zu verstehen. Mein Ansatz zielt darauf ab, unser Verständnis der vielfältigen politischen Reaktionen auf die Deindustrialisierung zu vertiefen, die seit dem 20. Jahrhundert entstanden sind, und fokussiert sich auf eine ganzheitlichere und umfassendere Analyse der damit verbundenen sozioökonomischen und politischen Veränderungen.