Théo Guidat ist Doktorand an der Universität für Sozialwissenschaften EHESS (École des hautes études en sciences sociales), Mitglied der Forschungseinrichtung Centre Maurice Halbwachs und Stipendiat am Migrationsforschungsinstitut Policy Department des Institut Convergence Migrations. Er ist außerdem Lehrbeauftragter und Forschungsassistent an der Universität Reims Champagne-Ardennes. Seine Forschungsschwerpunkte sind Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Unternehmenssoziologie und die Sozialgeschichte der Migration. 2021 begann er mit seiner Dissertation, die sich auf die sozialen Umstrukturierungen im Zusammenhang mit der Deindustrialisierung der Stahlindustrie in Lothringen ab Ende der 1960er Jahre fokussiert.
Forschungserklärung: Deindustrialization and social recomposition. State, employers and immigration in the Lorraine steel industry, 1966 – 1995.
Ausgehend von der lothringischen Stahlindustrie in den Tälern Fensch und Orne soll diese Forschungsarbeit einen Beitrag zur Sozialgeschichte der Deindustrialisierung leisten. Um diesen Prozess zu analysieren, ist der Ausgangspunkt der Aufstieg von „Fremdfirmen“ in der Industriebranche. Das heißt, Unternehmen, die auf die Vergabe von Subaufträgen und/oder Zeitarbeit spezialisiert sind und sich um die großen integrierten Industrien herum ansiedeln und die Deindustrialisierung ermöglichen. Durch die Betrachtung dieser ebenso spezifischen wie kaum bekannten Unternehmen kann ein origineller Ansatz verfolgt werden, der Industriepolitik, die Ersetzung lokaler Arbeitgeber und die Veränderungen in der Arbeitsorganisation miteinander verbindet. So können Wechselwirkungsprozesse identifiziert werden, die den komplexen Verlauf der Deindustrialisierung kennzeichnen. Die Entstehung der Umstrukturierung wird von oben nach unten anhand der Maßnahmen des französischen Planungsstaates untersucht, der die Nutzung externer Firmen förderte. In einem nächsten Schritt konzentriert sich die Analyse auf die Veränderungen des Wirtschaftsstruktur und die Neuzusammensetzung der Arbeit, die ihr Aufkommen hervorruft. Letztendlich hebt die Arbeit die Schlüsselrolle hervor, die diese neue Art von Unternehmen mit ihrem besonderen Management und ihrer Belegschaft bei der Umgestaltung des industriellen Kapitalismus spielte, wie er sich bis zu diesem Zeitpunkt im Westen entwickelt hatte. An der Schnittstelle von Geschichte und Soziologie stützt sich die Forschungsarbeit auf Archive, Interviews und statistisches Material.