Clara Casian ist bildende Künstlerin und Filmemacherin. In ihrer Arbeit zieht sie Parallelen zwischen vergessenen Geschichten und verlassenen Erinnerungsorten. Clara kombiniert historisch bedeutende Fragmente aus Archiven mit einer hybriden Mischung von Bildern, die in einer rhythmischen Filmmontage übereinander gelegt werden. Ihre Kunst basiert auf Archivrecherchen, investigativen Community-Interviews und auf der Zusammenarbeit mit den Einwohner:innen verschiedener Regionen. Zu den Themen, mit denen sie sich im Rahmen ihrer künstlerischen Tätigkeit beschäftigt, gehören dringende ökologische Fragen, mündliche Überlieferungen, deindustrialisierte Gegenden, Veränderungen der Lebensräume und die nukleare Kultur. 

Ihr jüngster Master of Research-Abschluss an der Universität von Westminster entstand in einer postindustriellen Gegend in Barrow-in-Furness, VK, und befasste sich mit den aktuellen ökologischen Spannungen zwischen natürlichen und vom Menschen geschaffenen sozialen Umgebungen. Das Projekt beschäftigte sich mit der Geschichte von Barrow-in-Furness, untersuchte Aufzeichnungen des Piel Marine Laboratory und verschiedener Fischereien aus dem Jahr 1900 und sammelte Zeug:innenaussagen über die Zwangsindustrialisierung und ihre Auswirkungen auf die Wasserverschmutzung. Weitere Projekte, die sich durchgeführt hat, sind: Ein zweijähriges Forschungsprojekt in Japan namens „The Earth Asleep“, das die Tragödie des japanischen Tsunami und der Fukushima-Katastrophe von 2011 thematisiert, und „Birdsong-Stories from Pripyat“, das als Reaktion auf die Katastrophe im Kernkraftwerk Tschernobyl von 1986 entstand. 

Claras Arbeit erhielt Fördermitteln von unterschiedlichen Institutionen: Arts Council England, HOME Artist Film, Lo Schermo Dell Arte, Creative England, verschiedene Universitäten (Universität von Salford, Manchester Metropolitan Universität), sowie von öffentlichen Einrichtungen und Stiftungen. 

Forschungserklärung 

„Study of Post-Industrial Traces: Ghost Places, Affected Cultures and Ecological Systems“ 

Das von Clara vorgeschlagene Projekt untersucht die postindustrielle Transformation des Sankt-Lorenz-Stroms und des Lachine-Kanals. Die durch die Industrialisierung verursachte Verschmutzung (Eisen und Stahl, Petrochemie, verarbeitende Industrie), die Zerstörung verschiedener Orte und die langfristigen Auswirkungen auf lebende Ökosysteme und Kulturen stehen dabei im Zentrum. Im Rahmen ihrer Untersuchungen ist sie auf drei interessante Orte gestoßen, die sowohl Spuren der Industrialisierung als auch von Umweltsanierungsmaßnahmen aufweisen. 

Claras kreative Praxis kombiniert historisches Archivmaterial, bewegte Bilder und aufgezeichnete Interviews, um die post-industrielle Landschaft zu „lesen“. Ihre Forschungsarbeit wird sich, konkret gesagt, insbesondere mit umweltverschmutzenden Chemikalien befassen, d. h., dass ihrer Forschung eine wissenschaftlich-mikroskopische Betrachtung radioaktiver Substanzen – Öl und Cadmium –zugrunde liegt. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht der Mensch als Bewahrer von Erinnerungen – der Mensch als lebendiges Archiv. Anhand von Archivfunden, Original-Videomaterial und Zeug:innenaussagen aus erster Hand wird untersucht, inwiefern die Natur selbst als Deckmantel fungieren kann, um Giftmüll zu verbergen.