William Gillies ist Masterstudent in Geschichte und hat das DePOT-Master-Stipendium 2022 der Universität Concordia erhalten. Er wuchs auf Cape Breton Island auf, als die Insel deindustrialisiert wurde. Später zog er nach Calgary, um nach Arbeit zu suchen. Dort arbeitete er als Kartograph und als politischer Organisator. William ist Gründungsmitglied, Forscher und Autor des preisgekrönten Podcasts Alberta Advantage, der Episoden zu aktuellen politischen Ereignissen und zur Geschichte der Arbeiter:innenklasse produziert. Vor kurzem kehrte er wieder nach Calgary zurück, wo er bereits sein Bachelorstudium in Geschichte an der Universität von Calgary absolviert hatte. Williams Hauptinteressen im Rahmen der historischen Forschung sind: Arbeit, regionale Wirtschaftsentwicklung, fossiler Kapitalismus und staatliche Industriepolitik. 


Forschungserklärung
 

In meiner Masterabschlussarbeit werde ich die Cape Breton Development Corporation (Devco) untersuchen. Sie soll als Beispiel für die Energiewende und die regionale Deindustrialisierung fungieren. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Beziehung zwischen den Arbeiter:innen und dem kanadischen Staat im Kontext des öffentlichen Eigentums an einer abnehmenden Energieressource. Devco wurde 1967 von der Bundesregierung gegründet und übernahm die Bergwerke auf Cape Breton Island, um den wirtschaftlichen Zusammenbruch der Region abzuwenden. Devco sollte den Kohleabbau allmählich einstellen und eine alternative wirtschaftliche Entwicklung fördern, betrieb die Minen jedoch bis zu ihrer Schließung im Jahr 2001 weiter. Deindustrialisierung wird oft als ein Versagen bei der wirtschaftlichen Diversifizierung weg von der industriellen Beschäftigung verstanden, aber selten durch die Linse der Energiewende untersucht (z. B. der Wechsel von Kohle zu Öl nach 1945). Die Bedeutung der Energie für die Wirtschaft und die besonderen Arbeitsbeziehungen bei der Energieerzeugung machten die Regierungen anfällig für den Druck der Arbeiter:innen, die ihre Branche zu retten versuchten. Devco fügt sich in ein international verbreitetes Muster staatlicher Beteiligungen im Kohlesektor in der Nachkriegszeit ein, wie z. B. das britische National Coal Board. Innenpolitisch war Devco mit einem neuen interventionistischen Staat verbunden, der die regionale Wirtschaftsentwicklung lenkte. Die Ölkrise von 1973 ermutigte die Bundesregierung, den strategischen Wert billiger Kohle zu überdenken und die Kohleminen von Devco zu erweitern anstatt sie stillzulegen. Die Energie- und Regionalentwicklungspolitik war jedoch widersprüchlich, denn der Staat intervenierte in anderen Provinzen, um den Wasserkraft-, Atom- und Erdölsektor zu unterstützen. Allesamt Sektoren, die mit der Kohle von Cape Breton konkurrierten. Sogar einige vorgeschlagene lokale Alternativen zur Beschäftigung in Kohlebergwerken waren in die Logik der Energiewende eingebunden: von der Offshore-Ölförderung bis zu Schwerwasseranlagen zur Versorgung von Kernkraftwerken. Ein Großteil der historischen Forschung über die Deindustrialisierung in Kanada und ihre Auswirkungen auf die Arbeiter:innenklasse hat sich auf den privaten Sektor konzentriert. Doch die einzigartige Geschichte von Devco zeigt das Zusammenspiel von staatlichem Eigentum und den Reaktionen der Arbeiter:innen auf die Schließung. Meine Arbeit geht der Frage nach, was für eine Rolle Devco für die Geschichte der Energiewende hatte. Wie interagierten die Bergwerkarbeiter:innen von Cape Breton und ihre Gemeinden mit dem Staat und seinen regionalen Entwicklungsplänen? Warum haben die verschiedenen Bundesregierungen über dreißig Jahre lang unrentable Kohlebergwerke betrieben?