Indranil Chakraborty ist Postdoc-Fellow im Concordia Horizon Programm vom Centre for Oral History and Digital Storytelling. Er interessiert sich für Medien, Technologie und Arbeit und hat an der Universität von Western Ontario in Informations- und Medienwissenschaften promoviert. Seine Monographie ‚Invisible Labour: Support Service Workers in India’s Information Technology Industry‘ wurde 2021 veröffentlicht (Routledge). Seine aktuelle Forschungsarbeit befasst sich mit den Erfahrungen entlassener Fertigungsarbeiter:innen, die an einem College in Ontario eine Umschulung absolvieren. Als Horizon-Postdoc im SSHRC Partnerschaftsprojekt DePOT, wird er die gelebten Erfahrungen der entlassenen Sears-Canada Arbeiter:innen und ihrer pensionierten Kolleg:innen in Bezug auf Klasse, Geschlecht, Community, Familie und ethnischer Zugehörigkeit untersuchen. Die Forschung erkundet die unterschiedlichen Ansichten der arbeitenden Bevölkerung, die durch die digitale Arbeitswelt „zurückgelassen“ wurde.

Außerdem hat er über ein Jahrzehnt lang als Journalist für bekannte südasiatische Nachrichtenportale wie The Indian, Express und The Financial Express gearbeitet.


Forschungserklärung

Dr. Chakraborty wird in seiner Postdoc-Forschung untersuchen, wie die Deindustrialisierung (z. B. die Schließung von Einzelhandelsgeschäften wie Sears) und die Reindustrialisierung (Amazon-Fulfillment-Zentren) in Nordamerika und Europa die Alltagserfahrungen der arbeitenden Bevölkerung verändern. Ich werde die Krise untersuchen, mit der sich die entlassenen Arbeiter:innen und Rentner:innen des Einzelhandelsriesen Sears in Kanada konfrontiert sahen, als Sears im Juni 2017 Insolvenzschutz beantragte. Das hatte zur Folge, dass 17.000 Sears Arbeiter:innen ihre Abfindung nicht erhielten. Außerdem stellten 18.000 Rentner:innen eine Unterfinanzierung von 260 Millionen Dollar ihres Pensionsplans fest, plus ein zusätzliches Defizit von 421 Millionen Dollar für Gesundheitsleistungen. Ziel der Untersuchung ist es, die Alltagserfahrungen der entlassenen Arbeiter:innen und ihrer Kolleg:innen im Ruhestand über Klasse, Gender, Community, Familie und ethnischer Hintergrund zu erfassen. Die Studie wird die Erzählungen ihrer Überlebensgeschichten aufzeichnen und untersuchen, wie sie mit ihrem Leben zurechtgekommen sind, obwohl viele verschiedene Faktoren ihnen Schwierigkeiten bereitet haben: Wirtschaftliche Probleme, familiäre Forderungen, Verachtung seitens ihrer Nachbar:innen, erfolglose Arbeitssuche, das Gefühl der Unzulänglichkeit, körperliche Arbeitsunfähigkeit und auch die Scham, auf die Hilfe ihrer Communitys angewiesen zu sein. Die Widersprüche zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen sind offensichtlich, da neue Technologien (künstliche Intelligenz und E-Commerce) die Produktivität auf Kosten der Einzelhandelsangestellten revolutionieren, die schlussendlich in Lagerhäusern landen und mit Niedriglöhnen auskommen müssen. Hinter dieser Zersetzung und Neuzusammensetzung der Belegschaft in dem neu geschaffenen Produktionsbereich stehen individuelle und kollektiven Erzählungen der Arbeiter:innen im Einzelhandel – ihre Stimmen in einer Zeit akuter sozialer Unruhen.