Lauren Laframboise ist PhD-Studentin am Centre for Oral History and Digital Storytelling der Geschichtsfakultät der Universität Concordia. Ihr Dissertationsprojekt befasst sich mit der Deindustrialisierung der Bekleidungsindustrie in Montréal und New York City. Im Jahr 2021 schloss Lauren ihre MA-Arbeit in Geschichte an der Concordia Universität mit dem Titel „Gendered labour, immigration, and deindustrialization in Montreal’s garment industry“ ab. Von 2020-2022 war sie stellvertretende Direktorin von Deindustrialisierung und die Politik der Gegenwart (DePOT). An der Concordia Universität war Lauren auch Forschungsstipendiatin im Projekt Montreal 2050 Urban Futures und Mitgestalterin eines kurzen Dokumentarfilms mit dem Titel „Who gets left behind or left out? Stories of displacement and struggle in Montreal“. Anfang 2020 war sie außerdem allgemeine Koordinatorin für die Online-Plattform Living Archives Vivantes, die die Geschichten von ruandischen Exilant:innen und Überlebenden des ruandischen Völkermords in Montreal dokumentiert. Nach ihrem Bachelorabschluss in Geschichte und internationalen Entwicklungsstudien an der Universität McGill im Jahr 2017 arbeitete sie als Forschungskoordinatorin und kuratorische Koordinatorin im Museum of Jewish Montreal und koordinierte von 2017 bis 2019 das jährliche Forschungsstipendienprogramm des Museums für Student:innen.
Forschungserklärung
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Montreal und New York City die nordamerikanischen Hauptstädte der Bekleidungsherstellung. Die Bekleidungsindustrie wurde im 19. und 20. Jahrhundert zu einem Symbol für die zunehmende industrielle Beschäftigung von Frauen und zu einem Tor für Arbeitsmigrant:innen, die sich der Industriebelegschaft beider Städte anschlossen. Gleichzeitig war die Bekleidungsindustrie berüchtigt für ihre schlechten Arbeitsbedingungen, da die Produktion häufig in Ausbeutungsbetrieben, sogenannten Sweatshops, und in den Wohnungen der Arbeiter:innen stattfand. Schwerwiegende Industrieunfälle wie der Brand in der Triangle Shirtwaist Factory in New York verstärkten Anfang des 20. Jahrhunderts die Kämpfe um die gewerkschaftliche Organisierung in der Branche. Die International Ladies Garment Workers Union (ILGWU) und die Amalgamated Clothing Workers of America (ACWA) erzielten wichtige Erfolge für die Arbeiter:innen der Branche in ganz Nordamerika. Die zunehmende Mobilität des Kapitals, die Liberalisierung des Handels, die Globalisierung und der technologische Wandel führten jedoch in den 1970er bis 1990er Jahren zu einer weitreichenden Deindustrialisierung und massiven Entlassungen in der nordamerikanischen Bekleidungsindustrie. Dieser langsame Prozess des Niedergangs führte nicht nur zum Verlust von Arbeitsplätzen, sondern auch zu einer weit verbreiteten Entgewerkschaftlichung und einer allgemeinen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in den verbliebenen Bekleidungsgeschäften. Anhand von Archivrecherchen und Oral-History-Interviews wird mein PhD-Projekt die gelebten Erfahrungen der Deindustrialisierung in der Bekleidungsindustrie von Montreal und New York untersuchen. Dabei wird ein vergleichender Ansatz verwendet, der es ermöglicht, die geschlechtsspezifischen und rassistischen Dynamiken des industriellen Niedergangs von den 1970er bis zu den 1990er Jahren zu verstehen. Das Projekt fokussiert sich auf die Erfahrungen von eingewanderten Arbeiter:innen und untersucht, wie internationale Gewerkschaften wie die ILGWU und die ACWA mit der Deindustrialisierung umgingen und wie sich die Arbeiter:innen innerhalb und außerhalb der formalen Gewerkschaftsstrukturen gegen die Schließungen wehrten.