Rose Steele ist Doktorandin an der UCL und absolviert einen sogenannten MREs-Studiengang in Anthropologie. Ihre aktuelle Forschung beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen der kollektiven Erinnerung an die Streiks der Bergarbeiter:innen von 1984-1985 und der zeitgenössischen politischen Organisierung in Gewerkschaften im Nordosten Englands. Sie plant, ihren Fokus auf geschlechtsspezifische Erinnerungs- und Organisierungsformen zu legen. Zuvor forschte sie in Glasgow, ihrer Heimatstadt. Dabei ging sie der Forschungsfrage nach, was für eine Beziehung zwischen Deindustrialisierung, Community-Identität und dem kulturelle Erbe der Arbeiter:innenklasse besteht. Sie interessiert sich sehr für kooperative und situierte Methoden und deren potenzielle Vorteile für Communitys in „vergessenen“ Orten.

FORSCHUNGSERKLÄRUNG

The Union Makes Us Strong: Gendered Collective Memory of the Miners’ Strikes and Contemporary Trade Union Organisation 1984-1985 im Nordosten Englands.

In diesem Forschungsprojekt wird das Verhältnis zwischen kollektivem Gedächtnis und zeitgenössischer politischer Organisierung in Gewerkschaften im Nordosten Englands untersucht. Erinnerungen an Arbeitskampfmaßnahmen, insbesondere an Streiks und die Streiks der Bergarbeiter:innen von 1984-2005, sind nach wie vor ein wichtiger Anhaltspunkt vieler politischer Erzählungen der Gegenwart in der Region und unter der britischen Linken (Nettlingham, 2017). Durch die Anwendung einer kooperativen und situierten Forschungsmethode möchte ich untersuchen, wie zum einen die kollektiven Erinnerungen an die Streiks und die Frauenunterstützungsgruppen, und zum anderen die zeitgenössischen Einstellungen zu Arbeitskampfmaßnahmen und geschlechtsspezifischer politischer Organisierung zusammenhängen. Die Rolle der Frauen während den Streiks wurde in vielen Büchern gefeiert, die von Verlagen und unabhängigen Filmemacher:innen veröffentlicht wurden. In offiziellen und akademischen Publikationen jedoch, ist dieses Thema eher unterrepräsentiert.  Auch wenn die Rolle von Frauen während den Streiks in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erregte (Sutcliffe-Braithwaite, 2023), beschäftigen sich weiterhin mehr Forschungsarbeiten mit der Rolle der Männer. Gedächtnis kann als verkörpert und räumlich kodiert verstanden werden (Le Goff, 1992; Watson, 1994). Auch der Raum ist als geschlechtsspezifisch zu verstehen (West und Zimmerman, 1987), und „öffentliche“ politische Räume wie Gewerkschaftssitzungen und Arbeiter:innenvereine können als männlich betrachtet werden (Ortner, 1972). Westliche Vorstellungen von „dem Zuhause“ und dem häuslichen Raum (wo ein Großteil der Frauenorganisierung während den Streiks stattfand) verbinden Domestizität weitgehend mit Feminität (Rezeanu, 2015). Es ist daher zu erwarten, dass ein politischer Ort, der mit Erinnerungen an Arbeitskämpfe verbunden ist, dazu führen kann, dass kollektive Erinnerungen, insbesondere jene, die für politische Narrative und Organisierung grundlegend sind, weitgehend männlich geprägt sind. Um dies zu überprüfen, muss das Verhältnis zwischen kollektivem Gedächtnis und zeitgenössischer geschlechtsbezogener politischer Organisierung analysiert werden. Ich befinde mich derzeit in der Entwurfsphase meines Forschungsprojekts und habe Pläne, zwischen April und Juli dieses Jahres Teilnehmer:innenbeobachtungen und Interviews durchzuführen.


Email: rose.steele.23@ucl.ac.u