Stefan Moitra ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Bergbau-Museum Bochum (DBM). Er hat Geschichte und Medienwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum und an der Universität von Glasgow studiert. Von 2006 bis 2008 war er Marie-Curie-Stipendiat am Zentrum für Europäische Studien27 der Universität London, wo er auch zum Thema „Working-Class Culture and Cinema in Germany and Britain after 1945: A Comparative Study of South Wales and the Ruhr“ (2011) promovierte. Seit 2011 ist er Historiker am DBM und beschäftigt sich, neben der Sozial- und Wissensgeschichte des Bergbaus, u.a. mit (visuellen) Repräsentationen von Arbeit und Industrie. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Erinnerungskultur des Bergbaus, speziell mit Blick auf die Oral-History, sowie in einer vergleichenden Geschichte der Deindustrialisierung und ihrer Nachwirkungen. In jüngerer Zeit hat er ein Oral-History-Projekt über die Lebensgeschichten und Erinnerungen an den westdeutschen Steinkohlebergbau mitgeleitet. Das Forschungsprojekt war eine Zusammenarbeit zwischen dem DBM und der Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets. Außerdem ist er Co-Koordinator der Arbeitsgruppe „Memory and Deindustrialisation“ im Europäischen Netzwerk für Arbeiter:innengeschichte28. 


Email: stefan.moitra@bergbaumuseum.de


Aktuelles Forschungsprojekt 

„Menschen im Bergbau“ / „Mining People – An Oral History of West-German Coal Mining“. Zwei Jahrhunderte lang war der Steinkohlenbergbau eine der zentralen Industrien Deutschlands. Doch mit der Schließung der letzten Zeche Prosper-Haniel in Bottrop im Jahr 2018, ist er endgültig Geschichte. In den westdeutschen Kohleregionen, vor allem im Ruhrgebiet, hat der Bergbau eine große Rolle gespielt und Spuren hinterlassen. Der Ausstieg auf der Steinkohleindustrie geschah schleichend – er erstrecke sich über sechs Jahrzehnte und machte mehrere Phasen der Krise und der Wiederverfestigung durch. In diesem Zeitraum erlebten die Bergarbeiter:innen und ihre Gemeinden eine Reihe von teils miteinander verknüpften, teils widersprüchlichen Entwicklungen, sowohl am Arbeitsplatz als auch im weiteren sozialen Umfeld und in der Gesellschaft: z. B. eine beschleunigte Mechanisierung, die Demokratisierung der Arbeitsbeziehungen (die in gewissem Masse eine Krisenmanagementstrategie war) und die konfliktreiche Zusammenarbeit zwischen Staat, Arbeitgeber:innen und Gewerkschaften, um Massenentlassungen zu vermeiden und gleichzeitig Vorkehrungen für den sich anbahnenden Niedergang der Steinkohleindustrie zu treffen. 

Diese und weitere Themen wurden in Interviews thematisiert, die zwischen 2015 und 2018 im Rahmen des Projekts „Menschen im Bergbau“ durchgeführt wurden. Insgesamt 86 Personen –  Untertagearbeiter:innen, ihre Familienangehörigen, Gewerkschafter:innen und Führungskräfte aus der Industrie – haben ihre Erinnerungen an die Bergwerksarbeit im Ruhrgebiet sowie in anderen westdeutschen Kohleregionen von 1945 bis 2018 geteilt. Erste Ergebnisse sind auf der Website http://www.menschen-im-bergbau.de zu finden. Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen, es sind zwei Buchprojekte in Arbeit – eine Geschichte des westdeutschen Steinkohlenbergbaus, basierend auf den Interviews sowie ein Buch über das Verhältnis von Oral-History und Industriekultur im Ruhrgebiet (verfasst von Katarzyna Nogueira). Ein dritter Teil des Projekts wird anhand des Interviewmaterials Online-Module für Lehrkräfte erstellen.