Ute Eickelkamp ist Senior-Forschungsstipendiatin der Fritz Thyssen Stiftung am Institut für Soziale Bewegungen der Ruhr-Universität Bochum. Ihre ethnografische Forschung konzentriert sich auf die durch den Klimawandel und die ontologischen Zwangslagen neu entstehenden Naturbilder. Sie fokussiert sich dabei auf das Überleben der indigenen Bevölkerung sowie auf die (post-)industrielle Prekarität in Zentralaustralien und Deutschland. Sie ist Herausgeberin von Growing Up in Central Australia: New Anthropological Studies of Aboriginal Childhood and Adolescence.

Forschungserklärung: Images of Nature in Old and New Working-class Milieus in Germany’s Ruhr Valley

Unsere interdisziplinäre Forschungsarbeit „After Coal“ untersucht Bilder und Umgangsformen mit der Natur in Arbeiter:innenmilieus im Ruhrgebiet. Das Ruhrgebiet ist eine Bergbauregion, die danach strebt, „die grünste Industrieregion der Welt“ zu werden. „After Coal“ begreift den ‚großen Wandel‘ nicht nur als politisches Projekt und wirtschaftliche Strategie, sondern auch als sozialen, kulturellen, emotionalen und historischen Prozess. Ich gehe davon aus, dass es dringend notwendig ist, sich zu fragen, wie es dem neuen Prekariat gelingen kann, ohne Unterstützung durch die Arbeiter:innenbewegung und ohne kulturellem Erbe, eine eigene durch kulturelle Ausdrücke geformte Beziehung zur Natur zu etablieren, und so die rein ökonomische Rolle als Arbeitskraft im Bergbau in gewissem Grad zu durchbrechen.   Daraus ergeben sich folgende Fragen: (1) Wie haben Menschen aus dem Arbeiter:innenmilieu im Ruhrgebiet, die Natur im Laufe der Zeit wahrgenommen und wie haben sie sich für sie engesetzt? (2) Welche umweltbezogenen Erinnerungen haben sie und in was für einem Zusammenhang stehen sie mit aktuellen ökologischen Überzeugungen? (3) Wie sieht ihre emotionale Identifikation mit der natürlichen Umwelt aus? Auf welcher Ebene (Stadtviertel, Vorort, Region) entsteht eine emotionale Bindung zur Natur und gibt es große Unterschiede zwischen der Industriearbeiterschaft und prekär Beschäftigten?

„After Coal“ setzt historische Bewegungen in Beziehung zur sozioökonomischen und kulturellen Polarisierung der Gegenwart und der Art und Weise wie sich diese auf regionaler Ebene abspielt. Das Projekt hat zum Ziel, neues milieuspezifisches Wissen über die Übereinstimmungen und Reibungen zwischen öffentlichen und privaten Auffassungen von der Natur zu generieren. Es versucht, sowohl zu intervenieren als auch zu beobachten. Besonders interessant ist das Potenzial, soziale und ökologische Transformationen durch kleine, lokal verankerte Kunstinitiativen voranzutreiben, die an den alltäglichen kulturellen Orientierungen und Praktiken des Prekariats anknüpfen, mit ihnen zusammenarbeiten und sie herausfordern.


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