Liam Devitt (they/them) ist stellvertretende:r Direktor:in für das Forschungsprojekt Deindustrialisierung und die Politik der Gegenwart. They ist Autor:in und angewandte Historiker:in und hat u. a. in Jacobin, THIS, Briarpatch, Active History Arbeiten publiziert.  Bevor they stellvertretende:r Direktor:in wurde, war Liam während während des Masterstudiums an der Univerisät Concordia bei Dr. Steven High studentisches Mitglied des DePOT-Projekts. Dabei untersuchte they, wie sich die Deindustrialisierung auf Cape Bretons queere Community auswirkte. Im weiteren Sinne interessiert sich Liam für die Auswirkungen des Nachkriegskompromisses und seine Auswirkungen auf queere Communitys, den Klassenkampf und die Industriepolitik. Liam stammt ursprünglich aus Calgary aber fühl sich in Montreal Zuhause.

Forschungserklärung:
„Gay Steel Mill: Queer Oral Histories of Deindustrializing Cape Breton“ (abgeschlossene Masterarbeit)

Die queere Geschichte Kanadas fokussierte sich meistens auf Metropolregionen wie Toronto und Montreal und deren soziale Bewegungen. Das hat zur Folge, dass queere Geschichten der Peripherie oft übersehen werden und dass die Geschichte der Metropolen als repräsentativ für den gesamten nationalen Kontext verstanden wird. In meiner Forschungsarbeit untersuche ich queere mündliche Überlieferungen von Cape Breton, Nova Scotia. Dadurch versuche ich, dominante Narrative in der queeren Geschichte und in der Geschichte der Deindustrialisierung in Kanada zu verkomplizieren. Cape Breton ist eine ehemalige Stahl- und Kohleregion in Nova Scotia, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer vergleichsweise langsamen, staatlich gesteuerten Deindustrialisierung unterzogen wurde. Heute, genauso wie in den deindustrialisierten Gegenden auf der ganzen Welt, bleibt die „Gefühlsstruktur“ des industriellen Lebens trotz der Stilllegung von Anlagen und Bergwerken erhalten. Oft dreht sich die Geschichte der Deindustrialisierung um einen mythologisierten weißen männlichen (und zweifelsohne heterosexuellen) Brotverdiener. Nicht nur seine Rolle als Arbeiter steht dabei im Vordergrund, sondern auch die spezifische Funktion der männlichen Industriearbeit im Hinblick auf die soziale Reproduktion des Haushalts zu fordistischen Zeiten. Indem wir die Lebensgeschichten queerer Menschen aufgreifen, können wir diese Fokussierung auf die Kernfamilie in Deindustrialisierungsstudien kritisch untersuchen. Im ersten Kapitel präsentiere ich eine theoretische und historiographische Intervention, in der ich für eine queere Untersuchung der Deindustrialisierung argumentiere. Im zweiten Kapitel wende ich diese Denkweise auf mündliche Überlieferungen von kapbretonischen queeren Menschen an und argumentiere, dass der Wunsch und das Bedürfnis dieser Erzähler:innen nach queerer Geschichte und queerer Zukunft letztlich durch das Prisma der „Halbwertszeit“ der Deindustrialisierung gefiltert wird.