Emiliano Aguilar ist ein Polit- und Arbeitshistoriker. Er interessiert sich hauptsächlich für die USA, insbesondere für den durch Latinos/as geprägten Mittleren Westens des Landes. Die Arbeit, an der er dran ist, heißt Building a Latino Machine: Caught Between Corrupt Political Machines and Good Government Reform. Dabei erforscht Aguilar, wie die mexikanische und Puerto-ricanische Community in East Chicago, Indiana, durch das politische Terrain des 20. und 21. Jahrhundert navigierte, um sich in der Kommunal- und Gewerkschaftspolitik mehr Mitbestimmung zu erkämpfen. Das Projekt beschreibt die Kosten (und Paradoxien) dieser Miteinbeziehung für Generationen von Einwohner:innen und Reformer:innen. Im Kampf um politische Macht und um mehr Mitbestimmungsrechte in ihrer Gemeinde, verhandelten diese Latinas und Latinos ihren Platz in der Stadt neu. Dies obwohl Stadterneuerungen und später die Deindustrialisierung ständige Bedrohungsfaktoren waren. Darüber hinaus hofft er, die gelebten Erfahrungen der Calumet-Region, eine wichtige zwei Staaten umfassende Region, weiter zu dokumentieren, um das Wissen über die Arbeiter:innen-Communitys und die postindustrielle Welt zu erweitern.

Seine Arbeiten erschienen unter anderem in den Zeitschriften The Metropole und Belt Magazine, im Immigration and Ethnic History Society’s Blog, in der Oxford Research Encyclopedia of American History und dem Indiana Historical Society Blog. Ein Kapitel seiner Forschung erschien in Building Sustainable Worlds: Latinx Placemaking in the Midwest (University of Illinois Press, Juli 2022).

Forschungserklärung: Steel and the Calumet Region

1980 verursachte die abrupte Schließung des Industriebetriebs Wisconsin Steel auf der Südostseite Chicagos sofortige Panik in der Gemeinde. Ohne Vorwarnung verloren mehr als 3.000 Stahlarbeiter:innen ihre Arbeit. Wisconsin Steel wurde zum Sinnbild für die extremen Auswirkungen der Deindustrialisierung: Ein lebenswichtiger Arbeitgeber verschwand praktisch über Nacht.  Während in anderen Teilen der Calumet-Region der Deindustrialisierungsprozess langsamer voranschritt, z. B. bei ACME Steel oder U.S. Steel South Works, brachte die Schließung von Wisconsin Steel eine Gruppe von Stahlarbeiter:innen dazu, das Komitee Save Our Jobs (SOJ) zu gründen. Dieses multiethnische Komitee, war darum gewillt, die Leerstelle zu füllen, die die ineffektive und unabhängige Gewerkschaft der Mitarbeiter:innen von Wisconsin Steel hinterlassen hatte. Siebzehn Jahre lang kämpfte sie gegen das, was sie als manipulative Taktik des Eigentümer-Unternehmens des Wisconsin Steel Betriebs namens „Envirodynes“ bezeichnete. Nachdem der letzten Tropfen Profit aus dem Stahlwerk herausgepresst wurde, wurde der Konkurs erklärt. Frank Lumpkin, in Georgia geboren und lebenslanges Mitglied der Kommunistischen Partei, gewann mehrere Gerichtsverhandlungen in Höhe von 19 Millionen Dollar für die etwa 2.500 Stahlarbeiter:innen, die durch das SOJ-Komitee vertreten wurden. Dieser kleine finanzielle Sieg für die Arbeiter:innen zeigte, wie wichtig der kollektive Widerstand des SOJ-Komitees war. Er zeigte, dass durch kollektive Bemühungen der Stahlarbeiter:innen es durchaus möglich ist, den Industriewandel und die Unsicherheit einer postindustriellen Stadt zu bekämpfen. In meiner Forschungsarbeit möchte ich die soziale Unsicherheit untersuchen, die durch die Schließung des Wisconsins Betriebs entstanden ist. Gleichzeitig möchte ich die Reaktionen der Arbeiter:innen in der Calumet-Region auf die Produktionsrückgänge und die Betriebsschließungen beleuchten. Besonders interessiert mich die Frage, wie sich eine Region, die von der Stahlproduktion abhängig war, ihre Zukunft ohne Arbeitsplätze in den Stahlwerken und den angrenzenden Industrien vorstellt.


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