Peter Thompson ist außerordentlicher Professor an der School of Indigenous and Canadian Studies der Carleton Universität. Er hat zahlreiche Veröffentlichungen über die Darstellung der Deindustrialisierung in der Literatur und Populärkultur von Atlantik-Kanada und den Appalachen publiziert. 2019 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel Nights Below Foord Street: Literature and Popular Culture in Postindustrial Nova Scotia bei der McGill-Queen’s University Press.

Forschungserklärung

Settler Memory and the Politics of Deindustrialization in Pictou, Nova Scotia

Meine aktuelle Forschungsarbeit befasst sich mit der kürzlich geschlossenen Papierfabrik Northern Pulp in Pictou County, Nova Scotia. Ich untersuche einerseits das Aussehen der Fabrik und was die Zukunftspläne für das Gebäude sind, andererseits studiere ich Zeitungsberichte, Dokumentarfilme und Archivdokument, um zu erforschen, wie die Fabrik mit den anderen Denkmälern und historischen Stätten des Hafenviertels von Pictou interagiert. Northern Pulp ist in vielerlei Hinsicht ein Symbol für die Auswüchse des kanadischen Siedlerstaates: Die Fabrik leitete jahrzehntelang Abwässer direkt in das Gebiet und in die Fischgründe der Pictou Landing First Nation und überlebte nur dank staatlicher Rettungsaktionen. Die heftigen lokalen Debatten rund um die Schließung der Fabrik im Jahr 2020 brachte Spannungen zwischen Siedler:innen und der Mi’kmaq-Gemeinschaft – denen die Schuld für die Fabrikschließung gegeben wurde – zum Vorschein. Das hat zu Spaltungen unter den Arbeiter:innen geführt: Die Holzindustrie wollte die Fabrik in Betrieb halten, während die örtlichen Fischer:innen gegen die geplante Abwassereinleitung in die Northumberlandstraße protestierten. Auch wenn die Papierfabrik das Ergebnis von Enteignungen und Umweltrassismus ist, ist sie für Pictou zugleich auch Teil der Kulturlandschaft. Die Region wird oft als „Geburtsort von New Scotland“ bezeichnet während die Stadt unkritisch als Stützpunkt der kanadischen Siedlerkultur gefeiert wird. Mein Forschungsprojekt versteht die Fabrik als ein Denkmal der Siedlergesellschaft und untersucht, wie sie mit den anderen Denkmälern und Stätten des Hafenviertels von Pictou interagiert. Dadurch versucht das Forschungsprojekt zu eruieren, was für Verbindungen es zwischen dem Siedlerkolonialismus in Kanada und der anhaltenden Erfahrung der Deindustrialisierung in einer kleinen Stadt gibt, die für Kanada vermeintlich bedeutungslos ist.