Fred Burrill hat vor kruzem seinen PhD-Abschluss in Geschichte an der Concordia Universität gemacht und ist nun Postdoktorand an der Cape Breton Universität. Zudem ist er Mitglied des Concordia Centre for Oral History and Digital Storytelling und pendelt zwischen Nova Scotia und Montreal.

Fred wuchs im ländlichen Nova Scotia im Herzen der ostkanadischen Holzindustrie auf. Er erlebte, wie seine Community unter den schlimmen Folgen der Deindustrialisierung litt. In Montreal hat er sich aktiv in verschiedenen Basisbewegungen und deren Kämpfe gegen die kapitalistische Ausbeutung beteiligt, vor allem in Mieter:innenbewegungen und Organisationen für die Rechte von Migrant:innen. Diese politische Arbeit hat sein Engagement für eine öffentlichkeitswirksame Geschichtswissenschaft geprägt, die Machtstrukturen in Frage stellt und das Streben nach ernsthafter historischer Forschung entspezialisiert.

Fred schaut gerne Baseball, verbringt Zeit mit seiner Katze und düst mit seinem Roller durch Montreal. Er ist skeptisch, was die politische Relevanz der akademischen Welt angeht, aber trotz seiner Bemühungen ist er weiterhin ein unverbesserlicher Bücherwurm.


Forschungserklärung

„Yea Though I Walk: Death and Dying in the Musquodoboit Valley“ versucht die umfassende materielle und kulturelle Dynamik der Geschichte der Gemeinde, in der ich in Nova Scotia aufwuchs, aus dem sehr spezifischen Blickwinkel von „End-of-Life“ Ereignisse und Beobachtungen zu analysieren. Ich wuchs als Sohn eines Pfarrers der ländlichen United Church auf und habe sowohl die Verzweiflung als auch die Hoffnung erfahren die mit der kollektiven Trauer in ländlichen Arbeiter:innenklasse-Communitys einhergeht. Krankheit und Tod waren ständige Gesprächsthemen, es wurde konstant danach gefragt, wer im Krankenhaus lag, wie eine Person gestorben war, wo sie gearbeitet hatte oder mit wem sie verwandt war. All dies bestimmte praktisch alle sozialen Interaktionen. Ich schlage hier vor, anhand von Oral-History-Interviews und Archivrecherchen, drei spezifische Mikrogeschichten über Tod und Sterben zu untersuchen:

1) Das Grubenunglück von Moose River im Jahr 1936 bei dem der Aktionär Robert Magill aus Ontario ums Leben kam. Durch diesen Vorfall erhielt das Musquodoboit-Tal globale Aufmerksamkeit, denn es war das erste live übertragene Ereignis dieser Art sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. In den letzten Jahren war das Tal auch in den Nachrichten, weil der Bergbaubetrieb von Atlantic Gold nicht nur das verbliebene Dorf, sondern auch ein lokales Denkmal zerstört hat. Durch den Bergbau wurden Arbeitsplätze erschaffen, doch es gibt auch ernsthafte Bedenken, vor allem was die langfristigen Gesundheits- und Umweltauswirkungen von Absetzbecken und giftigen Abflüssen angeht. Die gesamte Geschichte des modernen Goldrausches in der Region verdeutlicht einerseits die Rolle der Rohstoffgewinnung bei der Verdrängung der Mi’kmaw aus Musquodoboit und andererseits die Entstehung der ausschließlich weißen Communitys meiner Jugend.

2) Die Community-Softball-Turniere zum Gedenken an den Tod von Darren Henley (1979) und Andrew Leslie (2003), zwei junge Männer die bei tragischen Arbeitsunfällen ums Leben kamen. Die Geschichte dieser beiden Sportveranstaltungen verdeutlicht einerseits den Zerfall der Communitys nach der Schließung des örtlichen Sägewerks, aber andererseits auch die vielfältigen, informellen Organisationsformen der Arbeiter:innenklasse angesichts der vollkommenen Abwesenheit von Arbeitsinstitutionen in der Holzindustrie, in der meistens Dienstverträge vereinbart wurden.

3) Die Arimathea Funeral Cooperative, eine 1993 gegründete lokale Institution, die in unzähligen tragischen und prägenden Momenten insbesondere für ältere und vulnerablere Einwohner:innen des Musquodoboit-Tals eine wichtige Rolle gespielt hat. Sie konnte sich dabei auf die, durch das Geschlechterverhältnis geprägte, reproduktive Arbeit von Frauen und älteren Menschen stützen.

Durch diese Mikrogeschichten hoffe ich einen umfassenden Einblick in die regionale Wirtschaftspolitik zu erhalten sowie auch die Solidarität und die durch rassistische und sexistische Strukturen hervorgebrachte Spaltung der lokalen Arbeiter:innenklasse besser zu verstehen. Zudem soll die Arbeit auch dazu Beitragen ein besseres Verständnis für die Umweltgeschichte in der Region und für die langfristigen Auswirkungen des Lebens in diesen, von der Ressourcenextraktion geprägten Gemeinden, zu entwickeln.