James Pattison ist Dozent für Soziologie an der Fakultät für Sozial- und Politikwissenschaften der Universität von Lincoln. Zuvor war er als ERSC-Postdoktorand in der Abteilung für Soziologie an der Universität von Manchester tätig und hatte Lehraufträge an der Nottingham Trent Universität und der Universität von Nottingham, wo er auch seine vom ESRC finanzierte Promotion abschloss. James‘ Forschungsinteressen liegen im Bereich der Stadtsoziologie. Er fokussiert sich vor allem auf die Deindustrialisierung. Doch auch die Themengebiete Migration, Regeneration, territoriale Stigmatisierung und die sich verändernden Beschäftigungsformen gehören zu seinen Forschungsschwerpunkten. Seine Forschung ist geprägt von Debatten über die Beziehung zwischen Race, Klasse, rassifiziertem Kapitalismus und Rassifizierung und darüber, wie sich diese Prozesse in kleineren, peripheren Städten abspielen, die normalerweise nicht im Mittelpunkt der stadtsoziologischen Analyse stehen. James hat Erfahrung mit qualitativen Forschungsmethoden, insbesondere mit ethnografischen und visuellen Methoden. Er hat im Laufe seiner Forschung mit einer Reihe von Organisationen zusammengearbeitet, darunter Gewerkschaften, die Arbeitslosenvereinigung „Unemployed Workers’ Association“ und Community-Gruppen.


Forschungserklärung

Left behind? Precarity, stigma and migration in a post-industrial colliery town

Die postindustriellen Städte im Vereinigten Königreich standen in den letzten zehn Jahren im Mittelpunkt der öffentlichen und politischen Debatte. Besonders im Zusammenhang mit dem „Brexit“ und der politischen Neuausrichtung langjähriger Labour-Stimmbezirke zugunsten der Konservativen bei den Wahlen von 2019. Häufig spricht man in diesem Kontext von „abgehängten Städten“, doch diese Bezeichnung bezieht sich implizit auf eine eng umrissene weiße und britische Arbeiter:innenklasse und verdeckt in welchem Ausmaß strukturelle Ungleichheiten, die mit dem „Abgehängtsein“ verbunden sind, auch Migrant:innen und ethnische Minderheiten betreffen. Die Fokussierung auf die so genannten „Abgehängten“ reproduziert die falsche Annahme, dass die damit implizit gemeinten Leute die Hauptopfer der neoliberalen Umstrukturierung sind. Dadurch wird der Gedanke zementiert, dass die Arbeiter:innenklasse ausschließlich weiß ist. In meiner Doktorarbeit habe ich einen ethnografischen Ansatz mit mehreren Methoden verwendet, um Klasse, Race und Migration in Shirebrook, Derbyshire, VK, zu untersuchen – eine kleine und relativ isolierte ehemalige Bergwerksstadt. Im Rahmen der Milderungsmaßnahmen, mit denen die Auswirkungen der Bergwerksschließung abgefedert werden sollten, wurde das Auslieferungslager eines großen Sportbekleidungshändlers nach Shirebrook verlegt. Das Lager stand kurz darauf im Mittelpunkt einer viel diskutierten Kontroverse um die schlechten Arbeitsbedingungen für die überwiegend osteuropäischen Arbeitsmigrant:innen. Die Zentralregierung und die Lokalverwaltung sind mitverantwortlich dafür, dass die Immigration als Hauptursache für die sozialen Probleme in Shirebrook angesehen wird, während strukturelle Probleme wie prekäre Arbeitsbedingungen und Sparmaßnahmen außer Acht gelassen werden. Die Lokalverwaltung verstand beispielsweise die Probleme in Shirebrook als lediglich lokale Probleme und nicht als Ausdruck breiterer struktureller Ungleichheiten. Daher wurden unzureichende Lösungsansätze vorgeschlagen, wie die Stärkung sozialer Bindungen und die Förderung der Bürger:innenbeteiligung. Ab Oktober 2020 beginnt mein Postdoktorandenstipendium, das sich vor allem auf die Veröffentlichung meiner Forschungsergebnisse und auf die Entwicklung eines neuen Forschungsprojekts über Shirebrook nach dem Brexit fokussiert. Das Projekt wird die Auswirkungen eines sich wandelnden Einwanderungsregimes untersuchen, das den migrantischen Arbeitskräften – die für den größten Arbeitgeber der Stadt enorm wichtig sind – erschwert nach Shirebrook zu kommen, was die Probleme wahrscheinlich eher verschärft als löst.